Innensenator Ulrich Mäurer, Polizeipräsident Lutz Müller, der Leiter
des Landeskriminalamtes, Dr. Daniel Heinke, sowie der Direktor der
Ortspolizeibehörde Bremerhaven, Harry Götze, haben heute (Mittwoch, 22.
März 2017) die Polizeiliche Kriminalstatistik 2016 (PKS) vorgestellt.
Demnach stieg die Gesamtzahl der registrierten Straftaten im Land Bremen
von 91.237 leicht an auf 91.904. Die Kriminalitätshäufigkeitszahl
(Straftaten pro 100.000 Einwohner)– sank dagegen leicht von 13.784 auf
13.687. Der Anstieg der Straftaten ist ganz überwiegend in den
Deliktsfeldern Ladendiebstahl, Autoaufbruch sowie Körperverletzungen
festzustellen.
Die Aufklärungsquote für das Land Bremen stieg
leicht an von 47,7 Prozent auf 48,4 Prozent. Mäurer verwies gleich zu
Beginn der Konferenz auf eine Entwicklung, der neben der Strafverfolgung
auch mit anderen Mitteln entgegengewirkt werden müsse: „Bei den
nichtdeutschen Jugendlichen und Heranwachsenden unter 21 Jahren ist
jeder Vierte mindestens einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten und
wird als Tatverdächtiger in der PKS geführt. Unter der deutschen
Bevölkerung gleichen Alters ist es dagegen nicht einmal jeder Zehnte.“
Geringe
Bildung, schlechte oder gar keine Ausbildungschancen, ein unsicherer
Aufenthaltsstatus oder Trennung von Eltern und Familie nach
traumatischen Fluchterfahrungen seien Faktoren, die Straffälligkeit
begünstigten, so Mäurer. „Rasche Sanktionen sind absolut wichtig, aber
wir müssen als Gesellschaft noch weitere Hebel finden“, betonte Bremens
Innensenator. „Polizei allein kann das nicht leisten. Hier sind alle
Ressorts und viele andere Akteure im Land gefordert.“
Es gebe
jedoch auch eine kleine Gruppe von Heranwachsenden, die keinerlei
Interesse an Integration oder einem Weiterkommen erkennen ließen. So
gehe auf das Konto der von der Polizei priorisierten unbegleiteten
minderjährigen Ausländer (UmA) eine Vielzahl der Straftaten in dieser
Altersgruppe. Auch in der Gruppe der jungen ausländischen Intensivtäter
gebe es Jugendliche und Heranwachsende mit gleich Dutzenden von Taten,
die ihnen zur Last gelegt würden. Mit Erreichen der Volljährigkeit werde
daher in jedem Einzelfall geprüft, ob sie in ihr Heimatland abgeschoben
werden könnten. Die ersten jungen Intensivtäter mussten unter
polizeilicher Begleitung seit Beginn des Jahres nach Marokko
zurückkehren. „Dies ist uns erst möglich, nachdem Marokko auf Druck der
Bundesregierung mit unseren Ausländerbehörden zusammenarbeitet“, betonte
Mäurer. Er hoffe, dass auch Algerien und Tunesien künftig kooperierten.
Zu den Fallzahlen in der Stadt Bremen:
Sie stiegen von 76.978 auf 78.465 Straftaten an. Der Anstieg geht
insbesondere auf den einfachen Diebstahl zurück. Die
Kriminalitätshäufigkeitszahl in der Stadt Bremen stieg von 13.951 auf
14.075 leicht an. Die Zahl der
vollendeten Tötungsdelikte
betrug 9, wobei sechs aufgrund der Ermittlungsdauer einen Übertrag aus
2015 darstellten, erklärte Polizeipräsident Müller. In 22 Fällen blieb
es im vergangenen Jahr bei einem versuchten Tötungsdelikt.
Die Zahl der angezeigten
sexuellen Nötigungen und Vergewaltigungen
stieg im Vergleich zum Vorjahr von 81 auf 118 angezeigte Fälle. Müller:
„Wir stellen in diesem Deliktsfeld ein erhöhtes Anzeigenaufkommen fest,
was wir nicht zuletzt darauf zurückführen, dass wir als Polizei im
vergangenen Jahr im Vorfeld von Großveranstaltungen Mädchen und Frauen
gezielt aufgefordert haben, jegliche sexuelle Übergriffe sofort zu
melden. Das wurde offenbar angenommen. Wir haben den Eindruck, dass sich
Frauen häufiger und schneller wehren als früher und Anzeige erstatten.“
Die Zahl der
Raubdelikte
ist, wenn auch auf hohem Niveau, leicht rückläufig. Die PKS weist 966
Fälle auf. In 2015 waren es noch 992 Fälle. Die Aufklärungsquote in dem
Deliktsfeld stieg von 35,5 auf 39,3 an. Eine wesentliche Ursache für die
Entwicklung ist die intensive und erfolgreiche Kontroll- und
Ermittlungsarbeit der Polizei Bremen mit kontinuierlichen
Schwerpunktmaßnahmen an der Diskomeile, im Viertel und rund um das
Bahnhofsviertel und die eigens eingerichtete Ermittlungsgruppe EG UmA.
Die
Zahl der einfachen Körperverletzungen
stieg erneut leicht an, von 4.217 auf 4.248 Fälle. Einen Anstieg gab es
auch bei den gefährlichen und schweren Körperverletzungsdelikten,
nämlich von 1.595 auf 1.775 Fälle. „Das macht uns Sorgen“, betonte
Müller. Dieses Deliktsfeld werfe ein Schlaglicht auf den Zustand der
Gesellschaft. Gewalt sei häufig das Mittel der Wahl bei
Auseinandersetzungen unter Großfamilien, unterschiedlichsten Gruppen an
Brennpunkten, in beengten Notunterkünften oder auf der Straße unter
starkem Alkoholeinfluss. Erfreulich sei dagegen, dass die Gewalt gegen
Polizeibeamte in der Stadt Bremen von 418 auf 329 angezeigten Fällen
erheblich zurückgegangen ist.
Die
Diebstahlsdelikte
stiegen von 36.353 auf 38.299. „Der Schwerpunkt der Zunahme liegt beim
Ladendiebstahl und beim Diebstahl aus Kfz“, stellte Bremens
Polizeipräsident fest. Erfreulich sei, dass der
Taschendiebstahl
von 2.938 auf 2.733 Fälle deutlich zurückgegangen sei. Die absoluten
Zahlen seien aber weiterhin zu hoch, um Entwarnung zu geben. Ähnlich
bewertete er das Deliktsfeld der
Wohnungseinbrüche. Das
zweite Mal in Folge sanken die Zahlen von 3.057 (im Jahr 2014) und
2.776 im Jahr 2015 auf 2.600 im vergangenen Jahr. In 43,1 der Fälle
scheiterten die Einbrecher an gut gesicherten Türen und Fenstern oder an
aufmerksamen Nachbarn. „Angesichts der schwerwiegenden Auswirkungen,
die ein Wohnungseinbruch auf viele Opfer hat, müssen wir die Zahlen
weiter senken“, gab Mäurer ein Ziel für dieses Jahr aus. Dabei zeige
sich, dass offenbar statt des Gelegenheitstäters mehr professionelle,
reisende Täter als früher unterwegs seien. Die Polizei Bremen setzt in
diesem Deliktsfeld neben lagenangepassten Schwerpunkteinsätzen,
überregionalen Ermittlungsgruppen gemeinsam mit den Nachbarn in
Niedersachsen weiterhin auf Prävention und gezielte
Öffentlichkeitsarbeit.
Als perfide bezeichnete er das Vorgehen hochprofessioneller Trickdieb-Banden, die ihre Opfer gezielt unter den
älteren Menschen
suchten. „Es vergeht kein Tag, an dem nicht ein oder mehrere Fälle
angezeigt werden“, so Müller. So wandten sich im vergangenen Jahr 828
ältere Frauen und Männer oder deren Angehörige in dem Zusammenhang an
die Polizei. Positiv sei, dass die Täter oft scheiterten (60,7 Prozent)
weil entweder die Senioren und Seniorinnen rechtzeitig misstrauisch
wurden oder Bankangestellte die Polizei einschalteten, weil sie eine
Straftat vermuteten, wenn beispielsweise ältere Kunden plötzlich hohe
Summen vom Konto abheben wollten, um Enkel, die vermeintlich in Not
geraten seien, zu helfen.
Durch eine Vielzahl von Aufgaben, die in
den vergangenen Jahren dazu gekommen sind, wie die Bekämpfung von
Einbruchskriminalität, Extremismus und islamistischem Terrorismus, ohne
dass es dafür mehr Personal gab, steht die Polizei Bremen weiter vor
enormen Herausforderungen. Seit dem Sommer 2016 prüft die Innenbehörde
mit der Polizei mit Blick auf die neue Zielzahl 2.600, wie die Bremer
Polizei angesichts der Herausforderungen zukunftsfähig gestaltet werden
kann. Im nächsten Schritt sollen erkannte Mängel beseitigt und das
Standortkonzept umgesetzt werden, was in Teilen
bereits passiert hist. So ging die Online-Wache Anfang dieser Woche bereits an den Start.
Die strategische Schwerpunktsetzung der Polizei Bremen in 2017:
- Schneller – verlässlicher – überlegen Gewährleistung der Sicherheit im öffentlichen
Raum
- die kompetente Bewältigung von Konfliktlagen
- Bekämpfung des Wohnungseinbruchs
- Bekämpfung der Straßen- und Gewaltkriminalität,
- bürgernahe Polizeiarbeit,
- Bekämpfung politisch motivierter Gewaltkriminalität.
Einen Schwerpunkt polizeilicher Arbeit setzen wir zudem bei den Straftaten zum Nachteil
älterer Menschen (SÄM-Delikte).