Junge Gesichter, Informationen, Diskussionen und Musik – dafür steht
die „Nacht der Jugend“. Und die fand nun bereits zum 20. Mal im Bremer
Rathaus statt. Die traditionelle Veranstaltung erinnert an die
Verbrechen der NS-Diktatur und die Reichspogromnacht vom 9. November
1938. Jährlich fungiert die „Nacht der Jugend“ als Gegenpol zu
Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus. Die zentrale
Botschaft: Jeder Mensch ist wertvoll und besitzt eine unantastbare
Würde.
Eröffnung mit Bürgermeister Carsten Sieling, Ehrengast Dan Goren und Moderatorin Irina Drabkina (Jüdische Gemeinde Bremen)
Bürgermeister Carsten Sieling eröffnete die Veranstaltung am 8.
November 2017 in der Oberen Rathaushalle gemeinsam mit dem diesjährigen
Ehrengast Dan Goren. Sieling: „Zum 20. Mal findet nun die Nacht der
Jugend statt. Das ist ein ganz besonderes Jubiläum. Die Art und Weise,
wie hier an die Verbrechen der Nazizeit erinnert und gleichzeitig für
eine menschenfreundliche Gegenwart gekämpft wird, ist einzigartig.
Allen, die sich für die Nacht der Jugend das ganze Jahr über engagieren,
danke ich von ganzem Herzen.“ Der diesjährige Ehrengast aus Haifa
(Israel), Dan Goren (92), geboren in Deutschland, hat die Pogromnacht
vom 9. auf den 10. November 1938 erlebt und überlebt. Den jungen
Zuhörenden berichtete er von seinen Eindrücken, sprach von „der
brennenden Synagoge“ und seiner Familiengeschichte. Dan Goren: "Es ist
für mich ein sehr schlimmes Ereignis, eine Erinnerung, die mich
wahrscheinlich bis zum Ende meines Lebens begleiten wird." Goren weiter:
„Für die heutige Zeit wünsche ich mir, dass sich die Menschen
freundlich begegnen und sich so schlimme Ereignisse wie in der NS-Zeit
niemals wiederholen.“
Abwechslungsreiches Programm im Festsaal
Im Verlauf des Abends gab es viel zu sehen, zu hören und zu erleben.
So zum Beispiel den deutsch-türkischen Kabarettisten und Cartoonisten
Muhsin Omurca mit seinem Programm. Für beeindruckende Musik mit
wichtigen Inhalten sorgten auf der Bühne in der Oberen Rathaushalle auch
der Chor und das Orchester des Ökumenischen Gymnasiums, der Rapper
Stunnah und die junge Funkrock-Band Shelter. Und unter dem Motto "Wir
sprechen darüber" sprachen im Senatssaal Kinder von Überlebenden des
nationalsozialistischen Völkermordes an den Sinti und Roma über ihr
Leben mit dem schweren Erbe. Im Kaminsaal fand die große Diskussion
unter dem Veranstaltungsmotto "Wann, wenn nicht jetzt" statt, an der
neben Bürgermeister Carsten Sieling auch Irmela Mensah-Schramm teilnahm,
sie kratzt seit vielen Jahren Neonazi-Aufkleber ab und übersprüht
rechte Graffiti. In den Fluren gab es an diversen Infoständen –
beispielsweise von Fluchtraum Bremen e.V., der Stadtbibliothek und dem
Bremer Jugendring – Einblicke in deren wichtige Arbeit.
Beeindruckende Musikauftritte in der Oberen Rathaushalle
Rund 400 Jugendliche hatten die Veranstaltung das ganze Jahr über
vorbereitet und konnten auch in dieser Ausgabe mit einem vielfältigen
Programm wieder zahlreiche interessierte Besucherinnen und Besucher in
die Räume des Rathauses locken. Alle, die mitmachen, unterstützen die
Werte der Veranstaltung: Respekt, Anerkennung, Verantwortung, Freiheit,
Solidarität und Demokratie. Das diesjährige Motto lautete: "Wann, wenn
nicht jetzt?" - es stammt vom Autor Primo Levi, der das
Konzentrationslager Ausschwitz überlebte und einem seiner Bücher diesen
Titel gab.
Diskussion unter dem Veranstaltungsmotto "Wann, wenn nicht jetzt" im Kaminsaal
Hintergrund – Reichspogromnacht
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden in ganz Deutschland
Synagogen und jüdische Geschäfte angezündet, Wohnungen demoliert und
Menschen jüdischen Glaubens von den Nazis misshandelt, in
Konzentrationslager verschleppt, verfolgt und ermordet. Die
Reichspogromnacht war ein Wendepunkt, von der Diskriminierung und
Ausgrenzung der deutschen Juden seit 1933 hin zu einer systematischen
Verfolgung, die im grausamsten Völkermord der Geschichte gipfelte.
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