Katholische Gemeinde und Senatorin Anja Stahmann eröffnen Unterkunft
Erstmals in der aktuellen Flüchtlingsbewegung hat eine
Kirchengemeinde in Bremen ihr Gotteshaus umgebaut, um Platz für die
Aufnahme von Flüchtlingen zu schaffen. Sozialsenatorin Anja Stahmann hat
die katholische Kirchengemeinde St. Franziskus in Woltmershausen heute
(Donnerstag, 17. Dezember 2015) besucht, um sich vor Ort ein Bild von
der Unterkunft in der St. Benedikt Kirche zu machen. Die Gemeinde stellt
das Gotteshaus in der Butjadinger Straße vorerst für ein Jahr als Wohn-
und Lebensraum zur Verfügung. Die Gottesdienste werden während dieser
Zeit im Gemeindesaal gefeiert.
"Dass wir in der derzeitigen
Situation helfen, ist für uns als Kirche selbstverständlich", sagte der
Pfarrer der Kirchengemeinde St. Franziskus, Johannes Sczyrba, beim
Presserundgang zur Eröffnung der Notunterkunft. Die Gemeinde sei sehr
offen und freue sich schon auf das Eintreffen der Flüchtlinge: "Ich
hoffe nun auf viele gute Begegnungen zwischen den Gemeindemitgliedern
und den Flüchtlingen. Wir geben unsere Räumlichkeiten eben nicht einfach
auf, sondern bleiben präsent. Darin sehen wir auch einen wichtigen
Beitrag zur Integration."
Sonja Glasmeyer, Georg Schulte, Senatorin Anja
Stahmann und Martin Böckmann beantworten Fragen der Pressevertreterinnen
und -vertreter
Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen,
Integration und Sport bedankte sich bei der Gemeinde und dem
Katholischen Gemeindeverband für die Unterstützung: "Ich war ganz
gerührt, als ich erfahren habe, dass die Gemeinde hier zusammenrückt, um
Platz zu machen für Menschen, die bei uns Schutz suchen. Das ist
gelebte Nächstenliebe." Dabei dankte sie ganz besonders, dass die
Kirchengemeinde das 330 Quadratmeter große Gotteshaus kostenfrei zur
Verfügung stellt. "Das war für mich keineswegs selbstverständlich, und
ich find’s eine tolle Geste."
Insgesamt werden in den kommenden
Tagen 40 muslimische Flüchtlinge, überwiegend alleinstehende Männer, in
das Kirchengebäude einziehen. Sonja Glasmeyer vom Katholischen
Gemeindeverband spricht dabei die Rolle des christlichen Gotteshauses
als Unterkunft an: "Uns war es ganz wichtig, dass die geflüchteten
Menschen sich frei entscheiden können, ob sie in einer katholischen
Kirche wohnen möchten." Tatsächlich gab es im Vorfeld des Umzugs aus der
Turnhalle Roter Sand Diskussionen unter den Flüchtlingen über diese
Frage: "Aber auch aus religiöser Sicht hat sich das für die künftigen
Bewohner sehr schnell geklärt", sagte Senatorin Anja Stahmann. "Jesus
gehört für die Muslime zu den Propheten, da sind die künftigen Bewohner
ganz entspannt."
In Bremen ist St. Benedikt die erste Kirche, die
als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt wird. In Pfarrwohnungen und
Gemeindezentren wohnen Flüchtlinge allerdings schon länger, und viele
Gemeinden engagieren sich beim ökumenischen Verein Zuflucht oder als
Freiwillige rund um bestehende Gemeinschaftsunterkünfte. "Das
ehrenamtliche Engagement unserer Gemeindemitglieder im Bereich der
Flüchtlingsarbeit ist groß", sagt Sonja Glasmeyer.
Besichtigung mit den neuen Bewohnern
Ohne Tischlermeister Georg Schulte allerdings hätten die
Flüchtlinge in den Kirchenbau nicht einziehen können. Er hatte mit
seinem Team der Firma A + W aus Sögel seit dem 2. Dezember "sehr, sehr
viele Überstunden eingelegt, damit der Umbau rechtzeitig fertig wird",
betonte Senatorin Stahmann. Und der 55-jährige Tischlermeister ergänzte:
"Wir hatten uns vorgenommen, dass bis Weihnachten alles fertig ist und
ich mit gutem Gewissen unterm Tannenbaum sitzen kann. Das haben wir
geschafft."
Die konkrete Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge
in der Gemeinde übernimmt die Caritas. Caritasdirektor Martin Böckmann:
"Wir konnten durch die anderen von uns betreuten
Flüchtlingseinrichtungen bereits Erfahrung sammeln, St. Benedikt ist für
uns allerdings etwas Besonderes. In der Kirche gibt es seit fast 50
Jahren karitatives Engagement der Gemeindemitglieder und ich sehe es als
Chance, dass wir an diesem Ort Hilfe für Menschen in Not anbieten
können. Erste Angebote werden derzeit erarbeitet – in Zusammenarbeit von
Gemeindemitgliedern und Caritas, die die Flüchtlinge begleitet."
"Die
Sporthalle an der Oberschule Roter Sand können wir demnächst wieder für
den Schul- und Vereinssport zur Verfügung stellen", sagte Senatorin
Stahmann. Die Flüchtlinge ziehen entweder um in die Kirchengemeinde St
Franziskus oder in die Notunterkunft auf dem Brinkmann-Gelände in
Woltmershausen. Nach der Columbushalle im Bremer Westen und einer
Schulsporthalle in der Vahr ist dies die dritte Halle, die zurzeit nicht
mehr für die Unterbringung von Flüchtlingen benötigt wird.
Blick in das Kirchenschiff mit den einzeln abgetrennten Wohnbereichen
Hintergrundinformation
Ab 17. Dezember
2015 beziehen Flüchtlinge die neue Notunterkunft in der St. Benedikt
Kirche in Woltmershausen. Die katholische Kirchengemeinde St. Franziskus
stellt das Gotteshaus in der Butjadinger Straße vorerst für ein Jahr
für 40 Flüchtlinge zur Verfügung. Während dieser Zeit werden die
Gottesdienste im Gemeindesaal gefeiert. Träger der Einrichtung ist der
Caritasverband Bremen.
Am 2. Dezember 2015 haben die Umbauarbeiten
in der St. Benedikt Kirche begonnen, die 1966 von dem Bremer
Architekten Karl-Heinz Bruns gebaut wurde. Die Umbauarbeiten wurden von
der Firma A + W Bildungszentrum - Sozialwerk der KAB/CAJ e.V. aus Sögel
ausgeführt, in der auch langzeitarbeitslose Jugendliche und Flüchtlinge
mitarbeiten.
Altar, Taufbecken, und Ambo bleiben an ihrem
Standort und wurden mit Folie bedeckt und mit Holzplatten umbaut. Die
Kirchenfenster und das große Kreuz bleiben im Kirchengebäude, der
Kreuzweg wurde aus praktischen Gründen abgehängt. In dem rund 330 qm
großen Kirchenschiff wurden private Bereiche für Familien und
Einzelpersonen in einer Größe von 20-25 qm mit Stellwänden abgetrennt,
um den Innenraum wohnlich zu gestalten.
Im Innenhof zwischen
Kirchengebäude und Pfarrheim sind zwei Sanitärcontainer mit jeweils drei
Duschen und zusätzlichen Toiletten aufgestellt worden. Zudem wird das
Pfarrheim zur Verfügung gestellt mit Toiletten, Teeküche (33 qm), Büro
(27 qm) und Gruppenraum (44 qm), der als Speisesaal genutzt werden soll.
Die notwendigen Waschmaschinen und Trockner werden in einem separaten
Raum im Keller des Pfarrheims untergebracht.
Zur Pfarrei St.
Franziskus gehören 9261 Mitglieder (Stand 1.7.2015) und die
Kirchenstandorte St. Pius (Willakedamm 6), St. Benedikt (Butjadinger
Str. 70), St. Hildegard (Alfred-Faust-Str. 45) und Herz-Jesu-Kapelle
(Kornstraße 371). Pfarrer ist seit 2013 Johannes Sczyrba.
An dem Presserundgang am 17.12.2015 um 10.30 Uhr in der St. Benedikt Kirche haben teilgenommen:
- Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport.
- Sonja Glasmeyer, Geschäftsführerin des Katholischen Gemeindeverbandes in Bremen und des Katholischen Büros Bremen.
- Pfarrer Johannes Sczyrba, Pfarrer der Katholischen Kirchengemeinde St. Franziskus, zu der die St. Benedikt Kirche gehört.
- Martin Böckmann, Caritasdirektor Bremen.
- Georg Schulte, Tischlermeister bei der Firma A + W Bildungszentrum - Sozialwerk der KAB/CAJ e.V. aus Sögel.
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